Waves

USA 2020; R: Trey Edward Shults; D: Kelvin Harrison Jr., Taylor Russel, Alexa Demie, Sterling K.Brown, Lucas Hedges; 137 Min.; FSK ab 12 J.

Autor, Regisseur und Produzent Trey Edward Shults erzählt die bewegende Geschichte der afroamerikanischen Vorstadtfamilie Williams, die nach einem tragischen Ereignis wieder zu sich selbst finden muss. Der Film wirft einen mitfühlenden aber nicht selten auch schmerzhaften Blick auf universelle Themen wie elterlichen Druck, die Liebe in ihren unzähligen Inkarnationen und darauf, wie sie Menschen auseinandertreiben oder auch zusammenführen kann. Besetzt mit einem spektakulären Cast, zeichnet WAVES ein berührendes Bild von Liebe, Vergebung, Mitgefühl und familiärem Zusammenhalt.

Shults dritter Spielfilm ist ein zutiefst persönliches Statement, kompromisslos in Wort, Bild und Ton. Angetrieben von einem pulsierenden Soundtrack mit Liedern von Frank Ocean und Radiohead und einem faszinierenden Score des Oscar®-prämierten Duos Trent Reznor und Atticus Ross (The Social Network) zeigt WAVES meisterhaft, wie stark Liebe und Verlust in unserem Leben nachklingen können.

„Es ist ein Film über die Höhen und Tiefen der Liebe. Romantische Liebe, familiäre Liebe, darüber, was es bedeutet, Leidenschaft für etwas zu zeigen und was geschieht, wenn dies alles auseinanderbricht“, sagt Shults. „WAVES folgt einem Rhythmus wie Ebbe und Flut. Ich denke, damit ist der Film dem wirklichen Leben sehr ähnlich.“

Trailer und Termine: https://www.citydome-sinsheim.com/detail/83549/Waves

Die Perfekte Kandidatin

Saudi Arabien/Deutschland 2019; Regie: Haifaa Al Mansour; Darsteller*innen: Mila Al Zahrani, Dae Al Hilali, Nora Al Awadh, Khalid Abdulrhim, Shafi Al Harthy; Prädikat: besonders wertvoll; FSK: 0; 101 Minuten
Maryam arbeitet als Ärztin in einer kleinen Stadt in Saudi-Arabien und ist wütend über den Zustand der Straße vor der Klinik. Regelmäßig bleiben die Patienten auf der nicht asphaltierten Zufahrt im Schlamm stecken. Als sie sich um eine bessere Stelle in Dubai bewirbt und ohne männliche Begleitung nicht reisen darf, sucht sie Hilfe bei einem entfernten Cousin. Dieser jedoch empfängt als Beamter nur Kandidaten für die anberaumte Wahl des Stadtrats. Aus Trotz erklärt sich Maryam kurzerhand zur Kandidatin. Doch dann wird ihr klar, dass sie als Stadträtin die Asphaltierung der Klinik-Zufahrt selbst in die Hand nehmen könnte und zusammen mit ihrer Schwester tritt sie eine unübersehbare Kampagne los. Dabei wird Maryams Stimme immer lauter, ihre Auftritte werden mutiger und ihre Forderungen radikaler.
Die Regisseurin Haifaa al Mansour (Das Mädchen Wadjda) erzählt in Die Perfekte Kandidatin mit viel Weitsicht und Feingefühl, wie eine minimale gesellschaftliche Öffnung der Klaviatur bürokratischer Willkür völlig neue Töne entlockt. Ihr Film ist eine Verneigung vor der Unbezähmbarkeit weiblicher Souveränität und gleichzeitig ein ebenso beflügelndes wie scharfsichtig gezeichnetes Porträt einer Emanzipation.

Trailer und Termine: Die Perfekte Kandidatin

Der Fall Richard Jewell

USA 2019; Regie: Clint Eastwood; Darsteller*innen: Sam Rockwell, Jon Hamm, Olivia Wilde, Kathy Bates, Paul Walter Hauser u.a.; FSK ab 6 Jahren; 131 Minuten

Was auch immer man von ihm und seinen konservativen Einstellungen halten mag – die Unbeirrbarkeit, mit der der inzwischen 90-jährige Clint Eastwood selbst im hohen Alter Filme dreht, ist absolut bewundernswert. Das zähe Wesen, das viele der von ihm verkörperten stoischen Leinwandhelden auszeichnet, spiegelt sich offenkundig auch in seiner Regiekarriere wider.

Als Mitarbeiter einer privaten Wachfirma dreht Richard Jewell am Abend des 27. Juli 1996 im Centennial Olympic Park in Atlanta seine übliche Kontrollrunde. In dem mit Menschen gefüllten Park ist zu diesem Zeitpunkt viel los, immerhin finden in Atlanta gerade die Olympischen Sommerspiele statt. Trotz der vielen Menschen fällt dem Wachmann ein verdächtiger Rucksack auf. Sein Inhalt: eine Rohrbombe. Geistesgegenwärtig beginnt er den Bereich zu räumen und rettet so unzähligen Menschen das Leben.

Er wird als Held gefeiert, doch bald dreht sich der Wind. Wusste Jewell von der Bombe, weil er sie selbst platziert hat? Für das FBI passt der übergewichtige Einzelgänger, der so gerne ein richtiger Polizist wäre, perfekt auf das Profil eines Bombenlegers. Und auch die Presse ist schnell überzeugt. Journalisten, wie die übereifrige Kathy Scruggs, prägen mit ihren Schlagzeilen bald das Bild der Öffentlichkeit. Jeder Aspekt von Jewells Leben wird auseinandergenommen, er als möglicher Terrorist gebrandmarkt. Der engagierte Anwalt Watson Bryant sieht sich bald bei seinem Versuch, Jewells Unschuld zu beweisen, einem Kampf gegen Windmühlen ausgesetzt.

Eastwoods Aufarbeitung veranschaulicht, wie schnell manchmal ein Held vom Sockel gerissen wird und wie einfach das System einen Menschen zugrunde richten kann, dessen Lebenslauf Brüche und schwierige Phasen aufweise.

Der Fall Richard Jewell rekonstruiert die Verfolgung eines Unschuldigen (der wahre Täter wurde Jahre später gefasst) auf durchaus erschütternde Weise. Der Fall basiert auf dem gleichnamigen Artikel The Ballad of Richard Jewell, der 1997 im Vanity Fair erschien, geschrieben von Marie Brenner.

Trailer und Termine: https://www.citydome-sinsheim.com/detail/84760/Der Fall Richard Jewell

Narziss und Goldmund

Deutschland 2020; Regie und Drehbuch von Stefan Ruzowitzky nach einer Vorlage von Hermann Hesse; Darsteller*innen: Jannis Niewöhner, Sabin Tambrea, Emilia Schüle, Henriette Confurius u.a.; FSK ab 12 Jahren; 110 Minuten

Narziss und Goldmund ist eine Verfilmung der gleichnamigen Erzählung von Hermann Hesse aus dem Jahr 1930.

Der junge Goldmund (Jannis Niewöhner) wird von seinem gewalttätigen Vater zum Studium ins Kloster Mariabronn geschickt. Dort trifft er auf den frommen Klosterschüler Narziss (Sabin Tambrea). Narziss hat sich dem asketischen und von strengen Regeln geprägten Leben im Kloster mit Herz und Seele verschrieben. Dabei fehlt dem jungen Asketen und vergeistigten Klosterschüler, der die Wahrheit Gottes sucht, die Sinnlichkeit. Diese Sinnlichkeit erblickt er in Gestalt des blonden Jünglings Goldmund, der seine »verlorene Hälfte« verkörpert, nämlich die eines musisch begabten Künstler, der weltlich-erotischen Genüssen zugeneigt ist. Der ungestüme und lebenslustige Goldmund erkennt, dass die Lebensperspektive, die ihm das Kloster bietet, nicht mit seinen Vorstellungen von Freiheit übereinstimmt. Bestärkt von Narziss begibt sich Goldmund auf eine Reise voller Abenteuer, bei der er schließlich auch seine große Liebe Lene (Henriette Confurius) kennenlernt. Doch Jahre später treffen sich Narziss und Goldmund unter dramatischen Umständen wieder… .

Die Darstellung der kargen mittelalterlichen Abtei und die etwas schwülstige Erotik sind in der Literaturvorlage angelegt. So schwelgt der Film in Liebesszenen mit viel nackter Haut. Aber Stefan Ruzowitzky liebt auch die Schockmomente, wenn er ausführlich die blutigen Striemen der gefolterten Klosterschüler zeigt oder die schwarzen Pestbeulen der Toten. Schaurig düsteres Mittelalter voller Gewalt, Tod und Mord.

Der in der Romanvorlage Roman geschilderte Zwiespalt zwischen Sinnlichkeit und Intellekt, sowie die homoerotischen Momente in der Freundschaft von Narziss und Goldmund werden im Film heruntergespielt. Hermann Hesses Auseinandersetzung mit der Tiefenpsychologie und fernöstlichen Philosophie bleiben ausgeblendet.

Der Regisseur und Oscarpreisträger Ruzowitzky setzt vielmehr auf große Ausstattung und pralle Kinobilder, unterlegt von einem sakralen Soundtrack. Das ist ein bisschen kitschig, manchmal drastisch, aber durchaus packend. Hermann Hesse für die große Kinoleinwand.

Trailer und Termine: https://www.citydome-sinsheim.com/detail/70817/Narziss%20und%20Goldmund

Parasite

Südkorea 2019; Regie: Bong Joon Ho; Darsteller*innen: Song Kang Ho; Lee Sun Kyun, Cho Yei Jeong, Choi Woo Shick, Park So Dam; FSK: ab 16; 131 Minuten

Familie Kim ist ganz unten angekommen: Vater, Mutter, Sohn und Tochter hausen in einem grünlich-schummrigen Keller, kriechen für kostenloses WLAN in jeden Winkel und sind sich für keinen Aushilfsjob zu schade. Erst als der Jüngste eine Anstellung als Nachhilfelehrer in der todschicken Villa der Familie Park antritt, steigen die Kims ein ins Karussell der Klassenkämpfe. Mit findigen Tricksereien, bemerkenswertem Talent und großem Mannschaftsgeist gelingt es ihnen, die bisherigen Bediensteten der Familie Park nach und nach loszuwerden. Bald schon sind die Kims unverzichtbar für ihre neuen Herrschaften. Doch dann löst ein unerwarteter Zwischenfall eine Kette von Ereignissen aus, die so unvorhersehbar wie unfassbar sind.

Der Gewinner der Goldenen Palme von Cannes hält, was dieser Preis verspricht: großes Kino mit größtmöglicher Spannung. Regisseur Bong Joon Ho liefert mit Parasite eine scharfe Satire mit viel bösem Humor und Lust an der radikalen Zuspitzung der Verhältnisse. Mit seiner brillanten Gesellschaftskritik ist ihm ein gewaltiges, in spektakulären Bildern erzähltes Meisterwerk gelungen, das bereits jetzt Filmgeschichte geschrieben hat. In Los Angeles gewann er 4 Oscars ab, darunter den für den besten Film.

Termine und Trailer: https://www.citydome-sinsheim.com/detail/80486/Parasite

Another Reality

Deutschland/Schweiz 2019; Regie und Drehbuch: Noel Dernesch und Olli Waldhauer; FSK ab 12; 97 Minuten

Der Film von Noel Dernesch und Olli Waldhauer begleitet über drei Jahre fünf junge Männer, die sich in Strukturen von Gangs und illegalen Familienclans bewegen. Während dieser Zeit sind sich die Filmemacher und die Protagonisten sehr nahegekommen.

Die Männer mit gut gepflegten Bärten, Muckis und dicken Autos geben erstaunlich offenherzig Einblick in ihre Lebensrealität. Was sie aus ihrem Leben, dem aktuellen oder dem früheren zu erzählen haben, würde man eher in einem Spielfilm vermuten als in einer Dokumentation: Denn alle waren sie einmal kriminell, sind es zum Teil heute noch. Und doch ist auch ihr Leben geprägt von Hoffnungen und Träumen, aber auch vom Zwiespalt, zwischen legaler Arbeit und der Sehnsucht nach dem schnellen Geld. Die Möglichkeiten ans schnelle Geld zu kommen sind groß, die Risiken aber auch. Deshalb kann es passieren, dass der Einzelne mehr Zeit hinter Gittern verbringt als draußen.

Ihr Kiez (Wohnviertel) ist die Bühne, auf der sie sich die fünf jungen Männer und ihre zahlreichen Cousins bereitwillig präsentieren und so den Blick freigeben in eine Welt, die nach eigenen Regeln funktioniert. Gangsta Rap und Straßenmilieu: Ein pointiertes Porträt einer Gesellschaftsgruppe auf der Suche nach ihrer Identität. Nah dran an ihrem Alltag, witzig und stilsicher in der Großstadtkulisse in Szene gesetzt.

Die Doku zur Parallelwelt des Clanmilieus in Deutschland erhielt beim DOK.Fest 2019 in München den Publikumspreis.

Filmpremiere ist am 28.5.2020. Ab diesem Datum kann der Film 10 Tage lang über unsere Homepage abgerufen werden. Karten kosten 8.00 € und können bereits ab dem 20.5.2020 gekauft werden.

Systemsprenger

Vorstellung entfällt

Mittwoch, 25. März, 18.00 und 20.30 Uhr

Deutschland 2019; Buch und Regie: Nora Fingscheidt; Darsteller*innen: Helena Zengel, Albrecht Schuch, Lisa Hagmeister, Gabriela Maria Schmeide; FSK: ab 12; Prädikat: besonders wertvoll; 120 Minuten

Pflegefamilie, Wohngruppe, Sonderschule. Egal, wo Benni hinkommt, sie fliegt sofort wieder raus. Die wilde neunjährige ist das, was man im Jugendamt einen „Systemsprenger“ nennt. Dabei will Benni nur eines: Geborgenheit, Liebe und wieder bei ihrer Mama wohnen. Doch diese hat Angst vor ihrer unberechenbaren Tochter. Als es keinen Platz mehr für Benni zu geben scheint und keine Lösung mehr in Sicht ist, versucht der Anti-Gewalttrainer Micha das Mädchen aus der Spirale von Wut und Aggression zu befreien.
SYSTEMSPRENGER ist ein außergewöhnliches Spielfilmdebüt, das sich durch große Kraft und Konsequenz auszeichnet. Regisseurin Nora Fingscheidt möchte damit Verständnis wecken für Kinder, die mit überbordender Energie und ungebremster Wut alle Regeln und Grenzen der Erziehungshilfe sprengen. Und selten kommt einem die Aggression eines Kindes so nahe, wie in diesem Film. Gleich zu Beginn erleben wir Benni, wie sie schreit, um sich schlägt und mit Gegenständen schmeißt. Die Erzieher reagieren erstaunlich „cool“ und unbeeindruckt, denn zu diesem Zeitpunkt hat Benni bereits eine auffällige Karriere durch die verschiedenen Institutionen der Erziehungshilfe hinter sich. (FBW)

Dieser Film ist eine Wucht. Benni ist eine Wucht, herausragend dargestellt von der 10jährigen Helena Zengel. Regisseurin Nora Fingscheidt hat für ihr Spielfilmdebüt jahrelang in Einrichtungen der Jugendhilfe recherchiert und ihre Beobachtungen in der Lebenssituation von Benni verdichtet. SYSTEMSPRENGER lief dieses Jahr auf der Berlinale. Er wurde dort mit dem Silbernen Bären / Alfred-Bauer-Preis sowie dem Preis der Leserjury der Berliner Morgenpost ausgezeichnet.

Frau Stern

Vorstellung entfällt

Mittwoch, 18. März, 18.00 und 20.30 Uhr

Deutschland 2019; Regie: Anatol Schuster; Darsteller*innen: Ahuva Sommerfeld, Kara Schröder, Pit Bukowski, Nirit Sommerfeld, Max Roenneberg; FSK: ab 12; Prädikat: besonders wertvoll; 79 Minuten

In ihrem Leben hat Frau Stern nicht nur vieles erlebt, sondern vor allem auch überlebt. Die 90-Jährige liebte viele Männer, rauchte viel, führte ein Restaurant, und entkam als Jüdin den Nazis. Liebe, das hat sie gelernt, ist eine Entscheidung. Der Tod genauso. Und so entscheidet Frau Stern, dass es nun an der Zeit ist zu sterben. Der Abschied aus der Welt wird ihr allerdings nicht gerade leicht gemacht: Der Arzt mag ihr keine Hilfe sein, aus der Badewanne wird sie von Einbrechern gerettet und von den Schienen hilft ihr ein Spaziergänger wieder hoch. Mit Hilfe ihrer Enkelin Elli will Frau Stern ein für alle Mal kurzen Prozess machen – denn die kennt immerhin den coolsten Dealer aus Neukölln, der ihr garantiert auch eine Waffe besorgen kann. Doch auch dieser Plan geht schief, stattdessen landet die todessehnsüchtige Frau schon bald im verrückten Freundeskreis ihrer Enkelin, in dem sie sich erstaunlich wohlfühlt.

Selbstbestimmtes Leben und Sterben, das Zusammenleben und der Austausch der Generationen, der Umgang mit der Vergangenheit, die Traumata der Überlebenden des Holocausts. Dies alles vermittelt sich beiläufig, ohne Schwere und den berühmten Zeigefinger. Denn trotz seiner thematischen Tiefe ist FRAU STERN vor allem ein leichter, lebensbejahender Film, der durch seine eigenwillige und fast schon symbolische Erzählweise irgendwo zwischen Realität und Fantasie schwebt (…) Ein Film der augenzwinkernd amüsiert, sein Publikum bereichert und glücklich macht. (FBW)

Gelobt sei Gott

Mittwoch, 11. März, 18.00 und 20.30 Uhr

Frankreich 2019; Regie: François Ozon; Darsteller*innen: Melvil Poupaud, Dénis Menochet, Swann Arlaud; FSK: ab 6; 137 Minuten

Alexandre lebt mit Frau und Kindern in Lyon. Eines Tages erfährt er per Zufall, dass der Priester, von dem er in seiner Pfadfinderzeit missbraucht wurde, immer noch mit Kindern arbeitet. Er beschließt zu handeln und bekommt bald Unterstützung von zwei weiteren Opfern, François und Emmanuel. Gegenseitig geben sie sich Kraft und kämpfen gemeinsam dafür, das Schweigen, das über ihrem Martyrium liegt, zu brechen. Ihr Widerstand formiert sich und wird zu einer Lawine, die am Ende nicht mehr aufzuhalten ist…

„Gott sei Dank,“ sagte Kardinal Philippe Barbarin 2016 im Zusammenhang mit den Missbrauchsvorwürfen gegen den französischen Priester Bernard Preynat. „Gott sei Dank seien die Taten bereits verjährt“. Zu Recht sorgte diese Aussage für einen Sturm der Entrüstung. Der Lyoneser Pater soll zwischen 1986 und 1991 in mehr als 80 Fällen gegenüber minderjährigen Kindern sexuell übergriffig geworden sein, was die französische Kirche offenbar vertuschen oder zumindest unter den Teppich kehren wollte. François Ozon stellt sich in seinem eindringlichen Missbrauchs-Drama GELOBT SEI GOTT auf die Seite der Opfer und formuliert eine ruhige und doch mitreißende filmische Anklage, die keinen Raum für zwei Meinungen lässt.

GELOBT SEI GOTT ist ein stark recherchiertes, betont sachliches und gerade deshalb so aufrüttelndes Opfer-Plädoyer, das sich gegen (Frankreichs) Katholische Kirche wendet, die zu lange zu Missbrauchsfällen innerhalb der Institution öffentlich geschwiegen und so den Missbrauch weiterer Opfer billigend in Kauf genommen hat.

Lara

Mittwoch, 4. März, 18.00 und 20.30 Uhr

Deutschland 2019; Regie: Jan-Ole Gerster; Darsteller*innen: Corinna Harfouch, Tom Schilling, André Jung, Volkmar Kleinert, Rainer Bock; FSK: ab 0; Prädikat: besonders wertvoll; 100 Minuten

Es ist Laras sechzigster Geburtstag, und eigentlich hätte sie allen Grund zur Freude, denn ihr Sohn Viktor gibt an diesem Abend das wichtigste Klavierkonzert seiner Karriere. Schließlich war sie es, die seinen musikalischen Werdegang entworfen und forciert hat. Doch Viktor ist schon seit Wochen nicht mehr erreichbar und nichts deutet darauf hin, dass Lara bei seiner Uraufführung willkommen ist. Kurzerhand kauft sie sämtliche Restkarten und verteilt sie an jeden, dem sie an diesem Tag begegnet. Doch je mehr Lara um einen gelungenen Abend ringt, desto mehr geraten die Geschehnisse außer Kontrolle.

Corinna Harfouch spielt hier eine ihrer wichtigsten, wenn nicht die bisher größte Rolle ihres Lebens. Sie ist in jeder Einstellung des Films zu sehen und spielt sämtliche Sequenzen mit einer grandiosen Energie und Intensität. Man glaubt ihr, dass Lara, so wie sie sie verkörpert, mit einem einzigen Wort das Selbstbewusstsein ihres Sohnes so erschüttern kann, dass dieser sich kaum traut, die Chance seines Lebens, nämlich die Uraufführung einer seiner Kompositionen, wahrzunehmen. Diese Frau scheint alles durchschauen zu können, während ihr eigenes Leben sich für sie als ein riesiger blinder Fleck erweist, und genau dieses Dilemma bildet den tragischen Kern des Films. (FBW)