Loving Vincent

Mittwoch, 6. Juni, 18.00 und 20.30 Uhr

Großbritannien/Polen 2017; Regie: Dorota Kobiela, Hugh Welchman; Darsteller und Darstellerinnen: Douglas Booth, Saoirse Ronan, Chris O`Dowd; FSK: 6; 95 Minuten

Bis heute sind die näheren Umstände des Todes von Vincent van Gogh ungeklärt. War es Selbstmord? Die Geschichte von Loving Vincent beginnt ein Jahr nach seinem Tod im Jahr 1890. Plötzlich taucht ein Brief des Künstlers an dessen Bruder Theo auf. Der junge Armand Roulin erhält den Auftrag, den Brief auszuhändigen. Zunächst widerwillig macht er sich auf den Weg. Seine Suche bringt ihn mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt, die Modell für van Gogh standen. Jeder von ihnen hat einen anderen Eindruck von van Gogh erhalten. Ihre Geschichten fügen sich zu einem widersprüchlichen, doch authentischen Porträt. Je mehr er über Vincent erfährt, desto faszinierender erscheint ihm der Maler, der zeit seines Lebens auf Unverständnis und Ablehnung stieß. War es am Ende gar kein Selbstmord? Entschlossen begibt sich Armand auf die Suche nach der Wahrheit.

Loving Vincent erweckt die einzigartigen Bilderwelten van Goghs zum Leben: 125 Künstler aus aller Welt kreierten mehr als 65.000 Einzelbilder für den ersten vollständig aus Ölgemälden erschaffenen Film. Über sechs Jahre dauerte der Schaffensprozess von der Idee bis zur Realisierung. Entstanden ist ein visuell berauschendes Meisterwerk, dessen Farbenpracht und Ästhetik noch lange nachwirken.
Basierend auf akribischer Recherche und inspiriert von van Goghs Meisterwerken und 800 persönlichen Briefen lässt der Film den Zuschauer in einem einmaligen Kinoerlebnis in die Welt des Vincent van Gogh eintauchen. „Anspruchsvoll, interessant und schön anzusehen – mehr kann man wirklich nicht von einem Arthousefilm erwarten“.

Kedi – Von Katzen und Menschen

Mittwoch, 30. Mai, 18.00 und 20.30 Uhr

Türkei/USA 2016; Regie: Ceyda Torun; Dokumentation; FSK: k. A.; 79 Minuten

Dokumentation über das Leben der zahlreichen wilden Katzen in Istanbul und über die Menschen, die sich um sie kümmern: In der Stadt gibt es schon seit den Tagen des Osmanischen Reiches tausende Katzen und Regisseurin Ceyda Torun zeigt, dass die possierlichen Tierchen nach wie vor ein essentieller Bestandteil des städtischen Lebens sind und hier friedlich und zum gegenseitigen Vorteil Seite an Seite mit den Menschen leben. „Sie absorbieren alle deine negative Energie“, sagt ein Schuhverkäufer über die Katzen. In ihrem Dokumentarfilm lässt Torun die zweibeinigen Bewohner Istanbuls zu Wort kommen – und stellt sieben der niedlichen Tiere vor: Sarı, Bengü, Psikopat, Deniz, Aslan Parçası, Duman und Gamsız. Diesen sieben Katzen folgt Torun auch durch die Straßen Istanbuls, durch kleine Gassen, über Häfen und Märkte und selbst über die Dächer der Metropole am Bosporus.

Die in Istanbul aufgewachsene und mittlerweile in den USA lebende Regisseurin Ceyda Torun versteht ihren Film als „Liebesbrief an die Katzen und die Stadt“. Die Katzenperspektive ermöglicht ganz neue Ansichten auf die Stadt und ihre Bewohner. Der Zuschauer ist mittendrin, statt nur dabei. Vor allem aber bieten sich Chancen zu eindrucksvollen Großaufnahmen der geschmeidigen Schönheiten auf vier Pfoten.

Lieber leben

Mittwoch, 23. Mai, 18.00 und 20.30 Uhr

Frankreich 2017; Regie: Grands Corps Malade, Mehdi Idir; Darsteller und Darstellerinnen: Pablo Pauly, Soufiane Guerrab, Nailia Harzoune; FSK: ab 6; 71 Minuten

Von einem Moment auf den nächsten ist nichts mehr wie es einmal war. Was sich nach einer Phrase anhört, wird für Ben zur bitteren Realität. Ein Unfall macht aus dem sportlichen jungen Mann mit vielen Zukunftsplänen eine hilflose Person, die komplett auf andere angewiesen ist. Als er wieder das Bewusstsein erlangt, ist er vom Hals abwärts gelähmt. Nach vielen Wochen im Krankenhaus wird Ben in eine Reha-Klinik verlegt. Dort beginnt für ihn ein neues Leben.
Der deutsche Titel Lieber leben drückt sehr genau die durchaus positive, lebensbejahende Grundstimmung des Films aus. Diese Herangehensweise an ein ansonsten meist viel zu schwer aufbereitetes Thema zeichnet das Regiedebüt der beiden Freunde Grand Corps Malade und Mehdi Idir aus. Wenn Ben und seine Kumpels durch die endlosen Flure der Klinik fahren, sich mit Galgenhumor im Warten üben oder mit Späßen versuchen, die Zeit totzuschlagen, dann vergisst man mitunter ihre schwierige Lage. Und dennoch wird hier weder beschönigt noch relativiert. Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, Glück und Schmerz, Leben und Tod liegen vielmehr dicht beieinander. Erfreulich ist vor allem, wie die Geschichte den Figuren Raum zur Entfaltung lässt und dabei weitgehend auf allzu melodramatische Tricks verzichtet.

Mit Lieber leben verarbeitet der bekannte französische Rapper Grand Corps Malade (der Künstlername heißt übersetzt Großer Kranker Körper) seine eigene Krankheitsgeschichte nun auch filmisch – und gerade diese persönliche Erfahrung prägt den Film nachhaltig. Vor allem in der unsentimentalen ersten Hälfte bietet das Drama, das der Musiker gemeinsam mit Mehdi Idir auch selbst inszeniert hat, ein beeindruckendes Porträt einer lebensumwälzenden Veränderung und des schwierigen durch sie ausgelösten Anpassungsprozesses. Statt großer Gesten gibt es kleine Schritte, statt ausgewalzter Krisen selbstironischen Humor und „angepasste Hoffnung“.

Eine bretonische Liebe

Mittwoch, 16. Mai, 18.00 und 20.30 Uhr

Frankreich 2017; Regie: Carine Tardieu; Darsteller: François Damiens, André Wilms, Cécile De France, Alice Lencquesaing; FSK: ab 6; 100 Minuten

In der wunderschönen Landschaft der Bretagne geht Erwan dem Beruf des Minenentschärfers nach. Mit der dafür benötigten Ruhe ist es vorbei, als er erfährt, dass seine Tochter Juliette schwanger ist und den Vater des Kindes nicht verraten will. Um einen genetischen Defekt auszuschließen, den einige Familienmitglieder tragen, machen sie einen DNA-Test. Der bringt zutage, dass der Mann, den Erwan seit mehr als 40 Jahren für seinen Vater gehalten hat, gar nicht sein biologischer Vater ist, sondern ihn nur adoptiert hat. Auf der Suche nach seinem leiblichen Vater trifft Erwan auf den spitzbübischen 70jährigen Joseph, der Erwans Liebe zu der ungestümen Anna gehörig durcheinanderbringt.

Eine bretonische Liebe ist eine außergewöhnliche Liebes- und Familienkomödie, die mit explosiver Komik die unterschiedlichsten Liebeskonstellationen ergründet. Mit François Damiens und Cécile de France brillieren zwei der größten Stars des französischsprachigen Kinos neben großen Darstellern wie Andre Wilms und Alice de Lencquesaing vor der umwerfend schönen Kulisse der Bretagne. Selten hat jemand mit so viel Witz und Ernsthaftigkeit zugleich von den Tragödien der menschlichen Existenz erzählt. „Ich dachte, meine Familie sei banal“, sagt Erwan einmal. Banale Familiengeschichte? Die gibt es nicht – schon gar nicht so schön und clever erzählt.

Das Leuchten der Erinnerung

Mittwoch, 9. Mai, 18.00 und 20.30 Uhr

Italien/USA 2017; Regie: Paolo Virzi; Darsteller: Helen Mirren, Donald Sutherland, Christian McKay; Prädikat: besonders wertvoll; FSK: ab 12; 112 Minuten

Ella und John Spencer sind seit vielen Jahrzehnten verheiratet. Nun hat Ella Krebs und bei John macht sich das Alter immer stärker bemerkbar. Die beiden beschließen, ohne das Wissen ihrer besorgten Kinder und gegen jeden ärztlichen Rat, mit ihrem Wohnmobil noch eine letzte Reise durch Amerika zu unternehmen. Und somit auch eine Reise zurück zu den Erinnerungen an eine wundervolle gemeinsame Zeit – bevor diese Erinnerungen für immer verblassen.

Paolo Virzìs erster englischsprachiger Film ist die Verfilmung des gleichnamigen erfolgreichen Romans von Michael Zadoorian. Mit Helen Mirren und Donald Sutherland hochkarätig besetzt ist der Film eine virtuos gespielte, berührende Liebeserklärung an die Liebe zweier Menschen, die sich ein Leben ohne einander nicht vorstellen können und möchten. Mirren und Sutherland harmonieren auf phänomenale Weise in ihrem Spiel miteinander – Mirren als die eigensinnige Südstaatlerin, die nicht verwinden kann, dass das gemeinsame Glück bald enden muss, und Sutherland als gebildeter Mann, der daran verzweifelt, dass sein großer Geist und seine Erinnerung nach und nach schwindet. Ein berührender Film, der durch seine starken Darsteller und eine zu Herzen gehende Geschichte Zuschauergenerationen verbindet.

The Shape of Water

Mittwoch, 2. Mai, 18.00 und 20.30 Uhr

USA 2017; Regie: Guillermo del Toro; Darsteller: Sally Hawkins, Michael Shannon, Richard Jenkins, Doug Jones, Michael Stuhlbarg, Octavia Spencer; FSK: ab 16; 123 Minuten

Die stumme Elisa ist während des Kalten Krieges in einem Hochsicherheitslabor der amerikanischen Regierung angestellt, wo sie einsam und isoliert ihrer Arbeit nachgeht. Doch als sie und ihre Kollegin und Freundin Zelda ein streng geheimes Experiment entdecken, das in dem Labor vorangetrieben wird, ändert sich Elisas Leben für immer. Sie freundet sich mit dem mysteriösen Wassermann an, der dort in einem Tank gefangen gehalten wird. Ihre Gefühle für die Kreatur werden immer intensiver und zusammen mit ihrem Nachbarn Giles fasst sie schließlich den Entschluss, den Amphibienmann aus den Händen der Regierung zu befreien – allerdings steht die Liebe unter keinem guten Stern, denn nun wird das Paar gnadenlos vom Militär und dem Laborleiter Strickland gejagt, die das außergewöhnliche Geschöpf und seine heilenden Kräfte bei einem Kriegsausbruch gegen die Sowjets einsetzen wollen…

Mit Shape of Water gelingt del Toro eine sehr persönliche Hommage an die »Creature-Features« der 50er Jahre, die sich nicht in Nostalgie verliert, sondern durch kleine Verschiebungen viel Modernes in den alten Geschichten entdeckt. In Venedig wurde der Film mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.

Happy Burnout

Mittwoch, 25. April, 18.00 und 20.30 Uhr

Deutschland 2017; Regie: Andre Erkau; Darsteller und Darstellerinnen: Wotan Wilke Möhring, Anke Engelke, Julia Korschitz; FSK: ab 6; 102 Minuten

Fussel mag seine besten Jahre schon hinter sich haben, aber noch immer ist er von ganzem Herzen ein Punk, Frauenheld, Lebenskünstler und Systemverweigerer. Arbeit kommt jedenfalls für ihn nicht in Frage, stattdessen bringt er lieber mit seinem Charme Frauen um den Verstand. Dazu gehört auch Linda, die Sachbearbeiterin vom Arbeitsamt. Sie ist ihm verfallen und unterstützt seine Zurückhaltung bei der Arbeitssuche. Sie duldet seine Faulheit, bis eine interne Prüfung sie zum Handeln zwingt. Zu einem Job lässt Fussel sich nicht überreden, daher vermittelt sie ihm etwas anderes: ein Arbeitsunfähigkeits-Attest aufgrund eines Burnouts. Schnell ist auch eine Therapie in einer Reha-Klinik durchgewunken und so findet sich Fussel inmitten echter Ausgebrannter wieder. Die haben alle auf einen wie Fussel gewartet, der ihnen sagt, dass sie sich mal locker machen sollen. Und der ihnen im Zweifelsfall das Handy wegnimmt. Das heißt mit seiner ganz eigenen Art mischt er den Laden gehörig auf. Den anderen Patienten tut er ziemlich gut. Je länger aber Fussel dort verweilt, umso unklarer wird, wer eigentlich wen therapiert.

Die Spur

Mittwoch, 18. April, 18.00 und 20.30 Uhr

Polen/D/CS/SLO/S 2017; Regie: Agnieszka Holland; Darsteller: Agnieszka Mandat-Grabka, Wiktor Zborowski; Prädikat: besonders wertvoll; FSK: ab 12; 129 Minuten

In einem kleinen, abgelegenen Bergdorf an der polnisch-tschechischen Grenze geschehen grausamen Morde. Die Opfer sind allesamt Männer sowie begeisterte Jäger und in der Nähe ihrer Leichen findet man Spuren von wilden Tieren. Rächt sich die Natur also an ihnen und die Männer wurden von dem Wild getötet, das sie sonst jagen? Oder ist ein Mensch für die Taten verantwortlich? Die Polizei tappt zunächst im Dunkeln, hat aber bald die exzentrische Einzelgängerin Janina Duszejko im Visier, die sich als strikte Vegetarierin des Öfteren über das ignorante Verhalten der Männer im Ort beschwert und die Jäger der Gemeinde außerdem in Verdacht hat, für das plötzliche Verschwinden ihrer geliebten Hunde verantwortlich zu sein.

Die Spur von Agnieszka Holland ist eine faszinierende Mischung verschiedener Genres. Dabei funktioniert der Film sowohl als sensibel und doch intensiv erzähltes Drama als auch als spannender Kriminalfilm, an dessen Ende eine radikale und überraschende Schlusspointe steht. Beeindruckend wechselt Agnieszka Mandat von einem stillen, fast schon melancholischen Spiel hin zu einer bedrohlich wirkenden Raserei, die den Zuschauer in ihrer Unmittelbarkeit nicht kalt lässt. Holland gelingt es, durch immer wieder neue kleine Twists den Zuschauer wortwörtlich auf die „Spur“ eines Geheimnisses zu locken und regelmäßig falsche Fährten zu legen.

Suburbicon

Mittwoch, 11. April, 18.00 und 20.30 Uhr

USA 2017; Regie: George Clooney; Darsteller: Matt Damon, Julianne Moore, Glenn Fleshler, Alex Hassell; Prädikat: besonders wertvoll; FSK: ab 16; 105 Minuten

In den 1950er Jahren liegt das Paradies in den Vorstädten der USA. Alles ist wundervoll, auch in Suburbicon. Doch alles ändert sich schlagartig, als mitten in der Nachbarschaft eine afroamerikanische Familie einzieht. Und das in Suburbicon!

Die Volksseele brodelt. Als dann auch noch zwei Männer in das Haus der Familie Lodge eindringen und die Mutter umbringen, ist der Fall für alle klar: Die Fremden müssen gehen. Für Nick, den Sohn der Lodges, ist das alles nur Nebensache. Er fragt sich vielmehr, warum sein Vater und seine Tante bei der Polizei die Verbrecher, die seine Mutter umgebracht haben, nicht identifizieren wollen. Und warum sein Vater mit blutiger Nase und kaputter Brille von der Arbeit kommt und auf einmal im Zimmer der Tante schläft. Sein Vater sagt, das ginge Nick nichts an, er sei ja nur ein Kind.

Suburbicon ist durchzogen vom schwarzen Humor der Coen-Brüder, die gemeinsam mit Clooney und Grant Heslov diese kurzweiligen Kriminalkomödie geschrieben haben. Dabei werden gesellschaftliche Themen mit Ironie eingewoben. Kongenial auch die Besetzung mit Matt Damon und Julianne Moore, die in ihren Rollen ihr ganzes komödiantisches Talent in die Waagschale werfen können. Suburbicon ist spitzzüngig, doppelbödig und pointiert.

Die Flügel der Menschen

Mittwoch, 4. April, 18.00 und 20.30 Uhr

Kirgisistan/Niederlande/D/F 2017; Regie: Aktan Arym Kubat; Darsteller: Nuraly Tursunkojoev, Zarema Asanaliev, Aktan Arym Kubat, Taalaikan Abazova FSK: ab 6; 89 Minuten

Centaur führt mit seiner Familie ein bescheidenes Leben in einem kleinen Dorf in Kirgisistan. Doch was keiner über den liebevollen Familienvater und ehemaligen Kinobesitzer weiß: Er schlägt sich die Nächte um die Ohren, um den reichen Landbesitzern ihre Pferde zu stehlen und diese in freier Wildbahn auszusetzen. Denn Centaur kann sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass Pferde eine Ware sein sollen. Er glaubt felsenfest daran, dass die Kirgisen einst in Einklang mit den Reittieren lebten, und versucht alles, um die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen. Doch die Oligarchen sind der nächtlichen Diebstähle überdrüssig und setzen einen Kleinkriminellen auf den unbekannten Pferdedieb an…

Die Flügel der Menschen überzeugt vor allem durch sein bedächtiges Erzähltempo; die Kamera übernimmt das gemächliche Tempo der Menschen, deren Geschichte sie dokumentiert. Das tut einerseits der Geschichte gut und passt andererseits auch zu den Gedanken, die sich Centaur macht, wenn er davon spricht, dass die Kirgisen heute ihre Wurzeln vergessen hätten, die Pferde zwar als ihre Flügel bezeichneten, aber ihren Lebensraum, die Natur zerstörten.