Mittagsstunde

Di 28.2. (18 und 20 Uhr) / Do 2.3. (17:30) / So 5.3. (13:00)

Mittagsstunde

Deutschland 2022; Regie: Lars Jessen; Darsteller*innen: Charlie Hübner, Lennard Conrad, Peter Franke; FSK: ab 12; 97 Minuten

Als seine Großmutter Ella zusehends verwirrter wird und sein Großvater Sönke sich einfach nicht von seiner Kneipe, dem Dorfkrug, trennen will, sieht der 47-jährige Ingwer Feddersen die Zeit gekommen wieder in sein Heimatdorf zurückzukehren. Der Dorfkrug ist nicht mehr das, was er einst war – doch das trifft auf das ganze Dorf zu. Ingwer fragt sich, wann genau der Zeitpunkt war, an dem es mit dem Dorf Brinkebüll bergab ging? War es in den 1970ern, als nach der Flurbereinigung die Hecken und dann auch die Vögel verschwanden? Als immer größere Landwirtschaftsbetriebe gebaut wurden, sodass kleinere weichen mussten? Ist vielleicht er schuld, weil er seinen Großvater mit der Gastronomie alleine ließ, um in Kiel zu studieren?
Wenn andere „dumm Tüch“ reden, hält Ingwer die Klappe. Aus sich heraus geht er nur, wenn er allein im Auto sitzt. Und damit ist der Protagonist von Mittagsstunde nicht allein. Die oberste Devise im Leben der meisten dieser verdammt authentisch gezeichneten Charaktere lautet scheinbar: „Bloß nicht miteinander reden!“ Die diesbezügliche Ausnahme ist die von Hildegard Schmahl rührend verkörperte Moder. Sie plappert drauflos, was ihr in den Sinn kommt. Dann spricht sie über Dinge, die niemand hören soll und schon gar nicht wissen will. Denn die würden die Welt, so wie sie hier ist und schon immer war, gehörig auf den Kopf stellen. Und das möchte schließlich niemand. Selbst wenn er oder sie mit den Zuständen todunglücklich ist.
Der Film basiert auf Dörte Hansens gleichnamigen Roman aus dem Jahre 2018.

Nicht ganz koscher

Di 21.2. (18 und 20 Uhr) / Do 23.2. (17:30) / So 26.2. (13:00)

Nicht ganz Koscher – Eine göttliche Komödie

Deutschland 2022; Regie: Stefan Sarazin, Peter Keller; Darsteller*innen: Luzer Twersky,
Haitham Ibrahem Omari, Makram Khoury; Prädikat besonders wertvoll; FSK: ab 6; 122 Minuten

Der Nahostkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern ist im Kino schon etliche Male thematisiert worden, meist als Politdrama. Jetzt haben zwei deutsche Regisseure, Stefan Sarazin und Peter Keller, eine Filmkomödie über die Feindschaft zwischen Juden und Arabern gedreht.
Den Besuch bei seiner Familie in Jerusalem hatte sich Ben, der ultraorthodoxe Jude aus Brooklyn anders vorgestellt. Seine Verwandten haben nur eins im Sinn, sie wollen ihn möglichst schnell unter die Haube bringen. So ergreift Ben die Flucht ins ägyptische Alexandria. Das Reisen im Heiligen Land ist beschwerlicher als der New Yorker Ben gedacht hat. Erst verpasst er den Flug nach Alexandria und dann wird er mitten in der Wüste von palästinensischen Mitreisenden aus dem Bus geworfen. Ausgerechnet der griesgrämige Beduine Adel nimmt ihn in seinem klapprigen Pickup mit. Die beiden grundverschiedenen Männer, der Beduine mit Palästinensertuch und der orthodoxe Jude mitschwarzem Hut und Schläfenlöckchen, wirken zunächst wie das klassische Komikerpaar, das manches Klischee bedient. Doch die beiden deutschen Regisseure kennen sich aus in Israel und der arabischen Welt. Und so erfahren wir viel Neues über das Land und die religiösen Bräuche.
Gleichzeitig spielt der Film ironisch mit den gängigen Stereotypen. Die Komödie wurde mit dem Bayrischen Filmpreis und einer Lola für das Drehbuch ausgezeichnet.

Meine Stunden mit Leo

Di 14.2. (18 und 20 Uhr) / Do 16.2. (17:30) / So 19.2. (13:00)

Meine Stunden mit Leo

Großbritannien 2022; Regie: Sophie Hyde; Darsteller*innen: Emma Thompson, Daryl McCormack; FSK: ab 12; Prädikat besonders wertvoll; 97 Minuten

Nancy Stokes, pensionierte Religionslehrerin und seit zwei Jahren verwitwet, hat nur noch einen Wunsch: Sie möchte nach einer langweiligen Ehe mit einem sehr reduzierten Sexleben einmal wirklich erregt werden. Dass sie dabei erstmalig zu einem Orgasmus kommt, erwartet sie gar nicht. Es geht ihr um eine Erfahrungswelt, die sie nur aus der Literatur und den Medien kennt. Ihr Mann, so sagt sie, wäre auf sie geklettert, hätte den Job erledigt, sich heruntergerollt und wäre eingeschlafen. Und das auch nicht sehr häufig.
Als Mitreisenden in die Welt des zügellosen Sex hat sie sich den jungen, attraktiven Callboy Leo Grande auserkoren. Sie trifft sich mit ihm in einem Hotel am Stadtrand. Beiden wird sehr schnell klar, dass es ein langer Weg ist, von mechanischem sexuellem Vollzug zu glücklicher Erregung. Und so reden sie erst mal über das, was sie gerne tun wollen, lassen Worte die Intimität herstellen, die es braucht, um sich körperlich näherzukommen.
Fast der ganze Film spielt in nur einem Raum und wirkt wie ein adaptiertes Theaterstück. Zwar geht es die ganze Zeit um Sex, gewisse Praktiken werden auch klar benannt, doch der eigentliche Inhalt ist ein anderer. Hier sollen Hemmungen mit Würde überwunden und körperliche Bedürfnisse entmythologisiert werden. Es geht um Intimität, Grenzen und Tabus, um Normalität von Sex und Erotik und deren sprachliche Umsetzung.