Last Night in Soho

Dienstag, 1. Februar, 18.00 und 20.00 Uhr

Großbritannien 2021; Regie: Edgar Wright; Darsteller*innen: Thomasin McKenzie, Anya Taylor-Joy, Diana Rigg, Matt Smith, Terence Stamp; Prädikat: besonders wertvoll; FSK: ab 16; 116 Minuten

Als die Modestudentin Eloise nach London zieht, ist sie entschlossen, die Inspirationen der pulsierenden Metropole in sich aufzusaugen. Doch dann wird der Traum der Großstadt zum Albtraum. Denn Nacht für Nacht begegnet sie im Schlaf einer jungen Frau, die in den Swinging Sixties erkennen muss, dass nicht alles, was glitzert, auch Gold ist. Mit ästhetischer Genre-Raffinesse, einem großartigen Soundtrack und einem starken Ensemble gelingt Edgar Wright ein hochspannendes, atmosphärisches Meisterstück.

Ob Genres, Zeiten, Realitäten oder Identitäten – in seinem neuen Film vermischen Regisseur Edgar Wright und seine Co-Autorin Krysty Wilson-Cairns aufs Überzeugendste verschiedenste Ebenen und spielen gekonnt mit der Erwartungshaltung des Publikums. Und bis zu dem ungemein packenden Showdown behält der Film immer noch eine überraschende Wendung in der Hinterhand. Als Thriller, der mit Horrorfilmelementen arbeitet, legt der Film von Beginn an wichtige erzählerische Spuren, denen man mit Spannung und Neugier folgt. Die eindrucksvolle Kameraarbeit von Chung-hoon Chung und eine bis zum kleinsten symbolisch aufgeladenen Bild durchdachte Licht- und Farbdramaturgie lassen sowohl das London von heute als auch das London der legendären Swinging Sixties auf mitreißende Weise strahlen und wirken – und machen die Stadt und ihre Geschichte damit zu einer der Protagonist*innen. Darstellerisch glänzt das Ensemble durch alle Haupt- und Nebenrollen. Ob Diana Rigg als mysteriöse Vermieterin, Matt Smith als eiskalter Manager oder Terence Stamp als undurchsichtiger „Berater“ – alle spielen mit größtmöglicher Ambivalenz und Charisma. Und Thomasin McKenzie, die Eloise mit unverbrauchter und einnehmender Natürlichkeit verkörpert, trägt den Film ebenso wie Anya Taylor-Joy, die mit ihrem unverwechselbaren katzenhaften Look als Nachtclub-Sängerin die Geheimnisse und den Zauber einer längst vergangenen Starkultur in sich vereint. Typisch für Edgar Wright ist der überragend zusammengestellte Soundtrack, der die Swinging Sixties zum Leben erweckt. Und fern von allen popkulturellen und filmischen Bezügen erzählt der Film zusätzlich auch die hochaktuelle Geschichte von Frauen im Showgeschäft, die durch einen etablierten Sexismus als Objekte gesehen werden. (FBW)

Frosch im Schnabel

Dienstag, 25. Januar, 18.00 und 20.00 Uhr

Deutschland 2020; Regie: Stefan Hillebrand; Dokumentation; Darsteller*innen: Ilka Sobottke, Anne Ressel uva.; 88 Minuten

Obdachlose gibt es in Mannheim ebenso wie anderswo in Deutschland. Doch hier wird für vier Wochen im Januar Widerstand geleistet gegen Ignoranz und Gleichgültigkeit. 500 notleidende Menschen erhalten hier täglich warme Menüs mit mehreren Gängen, gratis Friseurtermine, werden beraten und unterstützt.

Veranstalter dieses Projekts ist Mannheims Vesperkirche, die mit Ehrenamtlichen Unterstützung leistet und mit zwei Pfarrerinnen auch politisch Position bezieht, um vielleicht ein paar Menschen vor einem Leben auf der Straße oder im Gefängnis zu bewahren. Auf persönliche Weise gibt Hillebrands Dokumentation Einblicke in die Leben der Helfer und der Obdachlosen, Kranken, Arbeitslosen, Geflüchteten.
Ein sensibler Dokumentarfilm, der aufrüttelt und berührt.

Das Land meines Vaters (Au nom de la terre)

Dienstag, 18. Januar, 18.00 und 20.00 Uhr

Frankreich/Belgien 2019; Regie: Edouard Bergeon; Darsteller*innen: Guillaume Canet, Veerle Baetens, Anthony Bajon; FSK: ab 12; 103 Minuten

Die wahre Geschichte einer Familie auf dem französischen Land – konsequent ehrlich, berührend und wahrhaftig. Pierre ist entschlossen, den Hof seines Vaters, den er übernommen hat, ertragreich zu bewirtschaften. Doch im Laufe der Jahre müssen er und seine Familie feststellen, dass ihnen, trotz des großen Engagements, immer größere Steine in den Weg gelegt werden.

Das französische Drama erzählt eine Geschichte, die man im Kino nicht oft sieht und die von hochaktueller gesellschaftlicher Relevanz ist. Fern von geschönten romantischen Darstellungen zeigt der Film den Kampf einer Familie auf dem Land gegen EU-Auflagen und Preisdumping für landwirtschaftliche Rohstoffe.

Doch trotz seiner realistischen Erzählhaltung ist Das Land meines Vaters auch eine Liebeserklärung an die Menschen, die als Familie zusammenhalten und alles tun, um den Traum vom eigenen Hof aufrechtzuerhalten. Darstellerisch gelingt es dem gesamten Ensemble die Figuren wahrhaftig und authentisch zu spielen. Als Zuschauer*in ist man immer sehr nah bei den Figuren.

Die Kamera von Eric Dumont schafft dazu große Kinobilder von wunderschönen Landschaften. Große Bilder, die immer kraftvoll, aber nie kitschig wirken.

Helden der Wahrscheinlichkeit

Dienstag, 11. Januar, 18.00 und 20.00 Uhr

Dänemark 2020; Regie: Anders Thomas Jensen; Darsteller*innen: Mads Mikkelsen, Nikolaj Lie Kaas, Andrea Heick Gadeberg; FSK: ab 16; 117 Minuten

Trauerarbeit ist eine einsame Angelegenheit. Entsprechend möchte der gerade heimgekehrte Offizier Markus einfach seine Ruhe haben. Er will möglichst wenig weinen, sich um seine Teenagertochter Mathilde kümmern und den Verlust seiner Frau mit viel Bier herunterspülen. Doch diese Rechnung hat er ohne die drei Unglücksvögel gemacht, die vor seiner Tür auftauchen. Der Mathematiker Otto, sein nervöser Kollege Lennart und der exzentrische Hacker Emmenthaler sind sichtlich vom Leben gebeutelt. Allerdings haben sie einen Weg gefunden dem Schicksal das Handwerk zu legen: Sie können rechnen. Und ihren Berechnungen zufolge starb Markus‘ Frau nicht zufällig.

Tatsächlich hat das schräge Trio Indizien, die stutzig machen. Aus zahllosen Details knüpfen sie eine zwingende Beweiskette, an deren Ursprung eine Bande namens Riders of Justice steht. Egal wie unwahrscheinlich ihre Theorie klingt – sie weckt erfolgreich den Rachedurst des emotional sonst sparsamen Familienvaters. Otto, Lennart und Emmenthaler tarnen sich vor allem für die ahnungslose Mathilde als Trauertherapeuten, üben fleißig den Umgang mit automatischen Waffen und freuen sich auf den Bananenkuchen, wenn das Unrecht erstmal aus der Welt geschafft ist. Denn gemeinsam planen sie nichts weniger als einen Schlag gegen das organisierte Verbrechen – und genießen den Trost einer unerwarteten Gemeinschaft. Doch ganz so einfach gehen Selbstjustiz und Sinnsuche eben nicht zusammen. Schon bald nämlich fällt den Riders of Justice auf, dass ihnen jemand auf der Spur ist.

Parfüm des Lebens

Dienstag, 21. Dezember, 18.00 und 20.00 Uhr

Frankreich 2019; Regie: Grégory Magne; Darsteller*innen: Emmanuelle Devos, Grégory Montel, Sergi López, Gustave Kervern; FSK: ab 6; 100 Minuten

Anna Walberg galt einst als gefeierter Star unter den Parfümeuren. Heute muss sie sich als Geruchsberaterin über Wasser halten. Nachdem sie vor einiger Zeit ihren Geruchssinn verlor, war sie in der Parfüm-Branche schnell abgemeldet. Seitdem fährt sie ihr Chauffeur Guillaume Favre von Job zu Job – sehr zu seinem Leidwesen, denn Anna ist keine angenehme Kundin! Sie ist eiskalt, sagt nie Bitte oder Danke und verhält sich Guillaume gegenüber sehr arrogant. Und dennoch besteht sie darauf, ausschließlich von Guillaume gefahren zu werden.

Der Fahrer hingegen hat aktuell andere Sorgen, als sich mit seiner schwierigen Kundin herumzuschlagen. Seine Frau hat sich von ihm scheiden lassen und nun kämpft er um das Sorgerecht für seine Tochter Léa. Dazu kommt, dass ihm sein Chef Arsène schon mit der Kündigung gedroht hat. Als Anna einen Rückfall erleidet und Guillaume sie rettet, scheint sich das Blatt für die beiden zu wenden ….

972 Breakdowns

Dienstag, 14. Dezember, 18.00 und 20.00 Uhr

Deutschland 2020; Regie: Daniel von Rüdiger; Mitwirkende: Elisabeth Oertel, Anne Knödler, Kaupo Holmberg, Johannes Fötsch, Efy Zenion; FSK: ab 0; 115 Minuten

4 Ural-Motorräder – 43.000 Kilometer – 972 Breakdowns. Willkommen in unserem Beiwagen!
Wir – Anne, Efy, Elisabeth, Johannes und Kaupo – manövrieren euch auf klapprigen russischen Motorrad-Gespannen kreuz und quer durch drei Kontinente, stets Richtung Osten: durch Kasachstan, die Mongolei, den Fernen Osten Russlands, über Alaska und Kanada bis nach New York City. Dabei werden wir in unzählige mechanische, körperliche und bürokratische Breakdowns verwickelt. Es mag absurd klingen – doch nur aufgrund dieses lückenlosen Pannen-Theaters treffen wir die unterschiedlichsten Menschen rund um den Globus, mit deren Hilfe das Vorankommen bis in die entlegensten Zipfel der Welt überhaupt erst möglich wird.

Dokumentarfilm über fünf Künstler, alles Absolventen europäischer Kunsthochschulen, die nach ihrem Abschluss zusammen das Künstlerkollektiv Leavinghomefunktion bilden und sich für dieses ungewöhnliche Projekt entscheiden. Dafür haben sie ihr altes Leben hinter sich gelassen und alle ihren Besitz verkauft …

Niemals Selten Manchmal Immer (Never Rarely Sometimes Always)

Dienstag, 7. Dezember, 18.00 Uhr und 20.00 Uhr

_USA 2020; Regie: Eliza Hittman; Darsteller*innen: Sidney Flanigan, Talia Ryder, Théodore Pellerin, Ryan Eggold, Sharon Van Etten; Prädikat: besonders wertvoll; FSK: ab 6; 101 _Minuten

Niemals Selten Manchmal Immer ist die Geschichte einer Abtreibung. Autumn ist 17. Aufgewachsen im Arbeitermilieu des ländlichen Pennsylvania, verläuft ihr Leben ohne Höhen und Tiefen. Angesichts einer ungewollten Schwangerschaft ist sie jedoch sicher, nicht auf die Unterstützung ihrer Familie zählen zu können. In ihrer Cousine Skylar, mit der sie auch die Zumutungen eines schmierigen Vorgesetzten in ihrem öden Teilzeitjob erträgt, findet sie die Verbündete, die sie in dieser Situation braucht. Gemeinsam brechen sie nach New York City auf.

Die herausragenden Newcomerinnen Sidney Flanigan und Talia Ryder verkörpern die jungen Frauen mit einem natürlichen Talent, das unter der Regie von Eliza Hittman meisterhafte emotionale Präzision erreicht.  Die entscheidende Szene, die Never Rarely Sometimes Always den Namen gibt, wird aus dem feministischen Kino künftig nicht mehr wegzudenken sein. Der Moment, in dem Autumn auf Fragen wie „Waren sie schon einmal sexueller Gewalt ausgesetzt?“ mit „Niemals, selten, manchmal, immer“ antworten soll, gehört zu den emotionalsten im Film. Niemand hat sich bisher dem Thema Abtreibung auf derart ehrliche, harte, rührende und vielschichtige Art und Weise genähert.

Sundance-Gewächs Eliza Hittman hat sich mit ihren beiden vorherigen Filmen It Felt Like Love und Beach Rats den Ruf als eine der aktuell aufregendsten Independent-Regisseurinnen erarbeitet. Für ihren neuer Film wurde sie auf der 70. Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet und erhielt neben der Auszeichnung des Sundance Film Festivals zahlreiche internationale Preise.

Nebenan

Dienstag, 30. November, 18.00 Uhr und 20.00 Uhr

Deutschland 2021; Regie: Daniel Brühl; Darsteller*innen: Daniel Brühl, Peter Kurth, Rike Eckermann; Prädikat besonders wertvoll; FSK: ab 12; 94 Minuten

Filmstar Daniel scheint das perfekte Leben zu führen: Er lebt in einer schicken Wohnung in Berlin-Prenzlauer Berg, hat eine schöne Ehefrau und eine Nanny, die sich um die Kinder kümmert. Als er gerade auf dem Weg nach London zu einem Casting für die Rolle in einem Superheldenfilm ist, legt der deutsch-spanische Schauspielstar noch einen schnellen Abstecher in seiner Stammkneipe ein. Es scheint für Daniel der perfekte Ort, um kurz vor dem Vorsprechen noch mal runterzukommen: Dort ist es ruhig, es warten keine Fans auf ihn und er kann in Ruhe seine Dialoge durchgehen. Allerdings hat er nicht mit Bruno gerechnet. Der fremde Mann kennt nicht nur alle Filme des Schauspielers, sondern weiß auch viele Details aus seinem Privatleben. Je länger das Gespräch dauert, desto mehr Angst bekommt Daniel vor dem fremden Mann. Was er nicht weiß: Bruno fühlt sich vom Leben abgehängt und ist auf Rache aus. Und Daniel ist das perfekte Opfer…

In diesem Katz-und Maus-Kammerspiel ist die Stimmung bis zum Bersten gespannt und doch ist das Hin und Her zwischen den beiden Protagonisten ein leichtes und hoch amüsantes Vergnügen. Nicht nur sind die Dialoge mit einem großen Gespür für Timing und Effizienz gesetzt. Es liegt auch und vor allen Dingen an dem lustvollen Spiel von Peter Kurth und Daniel Brühl, dass Nebenan nicht eine Minute zu lang erscheint.

In Search

Dienstag, 23. November, 18.00 Uhr und 20.00 Uhr

Deutschland/Belgien/Kenia 2018; Regie: Beryl Magoko & Jule Katinka Cramer; FSK: ab 12; 91 Minuten; OmU

Eine Reise zur Weiblichkeit … Beryl dachte als junges Mädchen, als sie in einem ländlichen Dorf in Kenia aufwuchs, dass alle Frauen in der Welt „beschnitten“ werden, indem sie „Female Genital Mutilation/Cutting” (FGM/C) über sich ergehen lassen müssen. Deshalb ertrug auch sie dieses Initiationsritual – sie wusste nichts über die Folgen von FGM/C. Viele Jahre später erfährt sie, dass es eine neue Operationsmethode gibt, die verspricht das zurückzugeben, was damals verloren ging. In ihrem autobiografischen Dokumentarfilm In Search… erforscht sie das emotionale Dilemma, indem sie mit anderen Frauen spricht, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Beryl versucht herauszufinden, ob sie sich dieser Operation unterziehen soll – eine zweite Reise ins Unbekannte. „Werde ich nochmals einen furchtbaren Fehler machen?“, oder „Bin ich bereit, mich mit meinem Trauma auseinanderzusetzen?“ sind die Fragen, die diese authentische und emotionale Suche in das aller Innerste einer jungen Frau führen. Dafür unternimmt sie nicht nur eine Reise in die eigene Vergangenheit, sondern spricht auch mit anderen betroffenen Frauen und Ärzten.

Cinema Paradiso zeigt den Film in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk im Rhein-Neckar-Kreis, Kirchenbezirk Kraichgau. Die Regisseurin wird anwesend sein und steht im Anschluß an den Film für Diskussion oder Fragen zur Verfügung.

Der grüne Ritter (The Green Knight)

Dienstag, 16. November, 18.00 und 20.00 Uhr

USA 2021; Regie: David Lowery; Darsteller*innen: Dev Patel, Alicia Vikander, Joel Edgerton, Barry Keoghan, Sean Harris, Katie Dickie; FSK: ab 16; 125 Minuten

The Green Knight ist eine fantastische Geschichte über Ehre und Liebe, Mut und Versuchung, Schicksal und die Suche nach sich selbst – gleichermaßen bildgewaltig und poetisch von David Lowery in Szene gesetzt.

Basierend auf der Artus-Legende erzählt Regisseur David Lowery die Geschichte von Sir Gawain, einem Ritter der legendären Tafelrunde. Gawain, ein Neffe König Artus, begibt sich – um sich vor seiner Familie, seinem Volk und nicht zuletzt sich selbst zu beweisen – auf eine gefährliche Mission, eine Reise in sich selbst. Er muss sich dem sagenhaften Grünen Ritter stellen, der eine alte Schuld einfordert: den Kopf von Gawain. Auf seiner Odyssee muss Gawain verschiedene Prüfungen bestehen.

Die Sage von „Sir Gawain und dem Grünen Ritter“ gehört zu den mittelalterlichen Artus-Epen. Regisseur Lowery schafft es, in seinem Film gleichzeitig zu entzaubern wie zu verzaubern. Dies gelingt ihm durch liebevolle Ausstattung, überraschende Kameraperspektiven und die Filmmusik von Daniel Hart, die am Zauber des Films einen nicht unerheblichen Anteil hat. Der Film steht für Immersion, eine Magie, die pures Kino ist.